Wie Sie unangenehme Begegnungen entschärfen können
Endlich haben Sie Ihre Cousine mal wieder gesehen – und sind prompt wieder in die alten Rivalitäten verfallen? Der US-Psychologe Leonard Felder erklärt, wie Sie Familientreffen harmonischer gestalten und Streitereien verhindern können.
In der Kürze liegt die Würze
Der traditionelle 7-Stunden-Marathon aus Mittagessen, Kaffee mit Kuchen und Abendessen ist im wahrsten Sinne des Wortes schwer verdaulich. 3 Stunden dagegen können auch schwierige Verwandte freundlich und einigermaßen entspannt miteinander verbringen, sodass ein allzu aktives Konfliktmanagement vielleicht gar nicht nötig ist. Felders Rat: Begrenzen Sie Familientreffen. So gelingt das:
Gemeinsames Experiment
Wenn das Treffen seit Jahrzehnten darin besteht, dass sich alle 1 Tag lang bei erlesenen Köstlichkeiten in Omas Wohnzimmer gruppieren, könnte Oma die Verkürzung als Traditionsbruch oder persönliche Kritik empfinden. Beugen Sie vor, indem Sie betonen, dass Sie nur 1 einziges Mal etwas Neues ausprobieren möchten.
Beispiel: „Erinnerst du dich, wie sich Anne und Christine letztes Jahr beim Abschied so heftig über die Öko-Steuer gestritten haben? Ich denke, sie gehen freundlicher miteinander um, wenn sie erst nachmittags kommen. Wir könnten dann auch zu eurer gewohnten Zeit zu Abend essen.“ Wenn der Versuch zu Konfliktmanagent nicht glückt, können Sie immer noch zu Altbewährtem zurückgreifen. Und wenn alle zufrieden sind – weiter so!
Gleichgesinnte sammeln
Rufen Sie diejenigen aus der Verwandtschaft an, von denen Sie glauben, dass sie ähnlich denken wie Sie. Das funktioniert am besten, wenn das letzte unglückliche Treffen noch in lebhafter Erinnerung ist.
Ernennen Sie einen Chefdiplomaten: In jeder Familie gibt es Menschen, die von den anderen besonders geschätzt werden. Gewinnen Sie eine solche Person als Fürsprecher/in. Sie findet insbesondere beim Konfliktmanagement am besten Gehör und kann ruhig und zuversichtlich für die Änderung werben.
Nebenschauplätze eröffnen
Verwandte, die von weit her anreisen, möchten verständlicherweise, dass sich die lange Fahrt lohnt. Sorgen Sie deshalb dafür, dass sich diejenigen, die gut miteinander auskommen, vor oder nach dem Hauptereignis treffen können. Vermitteln Sie allen, dass das kürzere Hauptereignis die Wiedersehensfreude im großen Kreis nur verdichtet. Machen Sie zum Abschluss ein Gruppenfoto mit Selbstauslöser.
Persönliche Deeskalation
Falls Gastgeber oder Familie überhaupt nicht bereit sind, den traditionellen Ablauf zu ändern, setzen Sie sich Ihr eigenes 3-Stunden-Limit. Begründen Sie Ihre verkürzte Anwesenheit mit einem triftigen, nicht erfundenen Grund.
Klippen umschiffen
Beschließen Sie vor der Ankunft, sich von unsensiblen Fragen wie „Hast du zugenommen?“ oder „Ich hab’ gehört, du hast deinen Job verloren?“ nicht aus der Reserve locken zu lassen.Antworten Sie humorvoll („Tja, die Familie ernährt mich einfach zu gut, das sehen wir ja auch heute wieder.“) oder/und sachlich („Ja, das stimmt. Aber ich möchte jetzt nicht darüber sprechen.“). Überlegen Sie sich bereits vorher, wer Ihnen bei solchen Gelegenheiten als Verbündeter beistehen könnte, indem er in das Gespräch eingreift oder Sie kurz zur Seite nimmt.
Gesprächschancen nutzen
Widmen Sie sich vor allem einer Person, mit der Sie sich gut verstehen und auf die Sie sich sehr gefreut haben. Stellen Sie sich zu ihr oder machen Sie einen kleinen Spaziergang zusammen. Schon ein paar intensive Momente kompensieren manch negatives Erlebnis.
Bitten Sie den Gastgeber, statt einer großen Tafelrunde mehrere kleinere Tische aufzustellen. Dann haben alle Gäste mehr mögliche Gesprächspartner.
Positive Impulse
Stellen Sie zu Beginn der Zusammenkunft eine Eisbrecher-Frage an alle, z.B: „Was wünscht ihr euch besonders für das kommende Jahr?“ Damit lenken Sie die Aufmerksamkeit auf das Positive und heben die Stimmung. Danken Sie zum Schluss allen. Denken Sie sich oder sagen Sie es eventuell auch laut: „Auch wenn wir die Dinge unterschiedlich sehen, sind wir eine Familie.“