Für viele Menschen in der westlichen Welt ist die klassische Sitzmeditation schwierig, vor allem am Anfang ihrer Meditationspraxis. Still zu sitzen und sich dabei auf den Atem zu konzentrieren, verursacht oft eine große Unruhe: Im Rücken zieht es, die Knie brennen und der Nacken tut weh. Eine gute Alternative und Ergänzung ist die Gehmeditation – nicht nur für Einsteiger.
Gerade zeigt die Natur uns wieder einen der wichtigsten Grundsätze im Leben: Nichts bleibt gleich, alles ist im Fluss und verändert sich. Frische Grashalme bohren sich ihren Weg durch die Erde, auf kahlen Ästen sprießen Knospen und die Sonnenstrahlen versprechen wärmere Zeiten. Die Natur lädt uns ein, wieder verstärkt draußen zu sein und ihre Schönheit wahrzunehmen.
Was ist Gehmeditation?
Die Gehmeditation, auch bekannt als achtsames Gehen oder meditatives Gehen, ist eine Praxis aus der buddhistischen Tradition, die auch in anderen spirituellen und kontemplativen Praktiken vorkommt. Im Gegensatz zur sitzenden Meditation (wie z.B. Zazen) wird bei der Gehmeditation der Fokus auf den Akt des Gehens gelegt, um Achtsamkeit zu entwickeln und den Geist zu beruhigen.
Typischerweise wird die Gehmeditation in einem ruhigen und abgeschiedenen Ort durchgeführt. Der Praktizierende konzentriert sich dabei bewusst auf jeden Schritt, den er setzt. Dies kann durch das Wiederholen eines Mantras, das Bewusstsein für den Atem oder das einfache Bewusstsein für die Empfindungen und Bewegungen beim Gehen unterstützt werden.
Ziel der Gehmeditation ist es, das Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment zu stärken, den Geist zu beruhigen und eine tiefe innere Ruhe zu fördern. Es ist eine Möglichkeit, Meditation nicht nur auf eine sitzende Position zu beschränken, sondern sie in die Aktivität des täglichen Lebens zu integrieren.
Warum ist Gehmeditation gesund?
Gehmeditation, auch bekannt als achtsames Gehen oder meditatives Gehen, bietet eine Vielzahl gesundheitlicher Vorteile:
- Achtsamkeit fördern: Gehmeditation hilft dabei, Achtsamkeit zu entwickeln und. Durch bewusstes Gehen konzentriert man sich auf jeden Schritt, die Bewegungen des Körpers und die Umgebung. Dies kann helfen, den Geist zu beruhigen und Stress abzubauen.
- Körperliche Bewegung: Es ist eine sanfte Form der körperlichen Bewegung, die den Kreislauf anregt, die Muskeln lockert und die Gelenke mobilisiert. Regelmäßige Bewegung ist wichtig für die allgemeine Gesundheit, die Durchblutung und das Wohlbefinden.
- Stressreduktion: Wie jede Form der Meditation kann auch Gehmeditation Stress reduzieren. Durch die Fokussierung auf den gegenwärtigen Moment und das bewusste Erleben der eigenen Bewegungen kann man sich von belastenden Gedanken lösen und inneren Frieden finden.
- Verbesserung der mentalen Gesundheit: Studien zeigen, dass Meditation, einschließlich Gehmeditation, positive Auswirkungen auf die mentale Gesundheit haben kann, einschließlich der Reduktion von Angstsymptomen und der Verbesserung der Stimmung.
- Verbindung zur Natur: Wenn man draußen geht, kann Gehmeditation auch eine Verbindung zur Natur fördern, was wiederum das Wohlbefinden steigern kann.
- Spirituelles Wachstum: In vielen spirituellen Traditionen wird Gehmeditation praktiziert, um spirituelles Wachstum und Selbstreflexion zu fördern. Es kann helfen, eine tiefere Verbindung zu sich selbst und zur Umwelt zu entwickeln.
Insgesamt bietet Gehmeditation eine ganzheitliche Möglichkeit, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
So funktioniert Gehmeditation
Jetzt ist – genau wie immer – der richtige Zeitpunkt für eine Gehmeditation. Dabei lernen Sie Ihre Sinne und Ihren Körper wertzuschätzen und schärfen zugleich Ihre Achtsamkeit. Wie bei einer formalen Sitzmeditation richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Atem und das, was im Hier und Jetzt ist.
Machen Sie den ersten achtsamen Schritt
Stellen Sie sich aufrecht hin und nehmen Sie 3 bewusste Atemzüge. Heben Sie den rechten Fuß und atmen Sie dabei ein. Setzen Sie den Fuß auf dem Boden ab und atmen Sie aus. Atmen Sie ein und heben Sie den linken Fuß. Stellen Sie den Fuß mit der nächsten Ausatmung ab. Kommen Sie im Hier und Jetzt an. Atmen Sie ein und machen Sie den nächsten Schritt.
Lassen Sie die Gedanken ziehen
Beginnen Sie zunächst mit 10 Schritten. Das hört sich vielleicht nach wenig an. Sie werden aber feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, sich die ganze Zeit auf Ihren Atem zu fokussieren. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Gedanken aufkommen. Das ist völlig normal. Nehmen Sie die Gedanken wahr, aber hängen Sie nicht daran fest. Lassen Sie die Gedanken wie Wolken vorüberziehen. Atmen Sie ein und machen Sie den nächsten Schritt.
Gehen Sie barfuß
Feiern Sie die warmen Temperaturen und ziehen Sie Ihre Schuhe aus. Sie werden sich noch intensiver spüren und die Umgebung besser in sich aufnehmen.
Tipp: Wenn es sich für Sie nicht richtig anfühlt, barfuß zu gehen, wählen Sie Schuhe mit einer dünnen Sohle. Oder sogenannte Barfuß-Schuhe, mit denen Sie das Gefühl haben, barfuß zu gehen.
Entwickeln Sie Ihre eigene Praxis
Je mehr Sie üben, desto mehr werden Sie das Bedürfnis verspüren, diese Praxis auszuweiten. Nehmen Sie sich dann 15 Minuten Zeit für Ihre Gehmeditation. Sie können auch sehr gerne länger gehen. Oder kürzer. Sie entscheiden – je nachdem, wie Sie sich gerade fühlen. Verbinden Sie sich mit Ihrem Atem und gehen Sie achtsam los. Spüren Sie mit jedem Schritt, wie Sie getragen werden von der Erde. Öffnen Sie Ihre Sinne für das, was sich Ihnen gerade zeigt. Nehmen Sie dabei wahr:
Welcher Teil Ihres Fußes berührt zuerst den Boden? Welcher danach? Wie fühlt sich der Untergrund an? Weich oder hart, warm oder kalt? Was spüren Sie sonst? Den Wind, der Ihr Gesicht streift, den Sonnenstrahl, der Ihre Nase kitzelt? Riechen Sie die Pflanzen, an denen Sie vorbeigehen?
Die Zufriedenheit entsteht beim Gehen
Nehmen Sie wahr, was ist, ohne dies ändern zu wollen. Lassen Sie sich aber nicht von äußeren Reizen ablenken, sondern konzentrieren Sie sich auf Ihr Inneres: Was spüren Sie? Was macht das mit Ihnen? Während Sie achtsam gehen und sich mit Ihrem Atem verbinden, werden Sie ruhiger. Sie können die Schönheit und Harmonie um sich herum deutlich wahrnehmen. Genießen Sie, dass Sie sich die Zeit für sich selbst genommen haben. Sagen Sie innerlich danke. Das erfüllt und macht zufrieden.
Gehen Sie neue Wege
Spielen Sie mit der Gehmeditation und probieren Sie aus, wie Sie sie verstärkt in Ihren Alltag einbauen können. Vielleicht möchten Sie sich vornehmen, die Schritte von Ihrem Schreibtisch zur nächsten Tür achtsam zu gehen. Das hat gleich mehrere positive Effekte: Sie halten während des Tages mehrmals inne und schaffen sich damit kleine Inseln der Erholung. Die Gehmeditation lässt sich auch sehr gut in einen Spaziergang integrieren. Lassen Sie sich treiben, machen Sie es sich zum Spiel Ihre gewohnten Wege zu verlassen. Biegen Sie in die Straße ab, in der die Sonne scheint. Oder lassen Sie sich von Gerüchen leiten.
Lächeln Sie dabei
Wenn wir lächeln, sehen wir nicht nur glücklicher aus, wir werden auch glücklicher. Das wurde in zahlreichen Studien belegt. Indem Sie die Mundwinkel nach oben ziehen werden Botenstoffe ausgeschüttet, die glücklich machen. Das wirkt auch auf andere ansteckend. Probieren Sie es aus.
Integration der Gehmeditation in den Alltag
Gehmeditation muss nicht nur auf spezielle Zeiten oder Orte beschränkt sein. Mit ein paar einfachen Anpassungen können Sie diese Praxis problemlos in Ihren Alltag integrieren. Hier sind einige praktische Tipps, wie Sie Gehmeditation effektiv in Ihren täglichen Rhythmus einbauen können:
Gehmeditation im Alltag nutzen
Morgendliche Routine: Starten Sie Ihren Tag mit einer kurzen Gehmeditation, um sich auf den bevorstehenden Tag vorzubereiten. Ein achtsamer Spaziergang am Morgen kann helfen, den Geist zu klären und Energie für den Tag zu tanken.
Pausen im Arbeitsalltag: Nutzen Sie kurze Pausen während Ihres Arbeitstags für eine Gehmeditation. Ein paar Minuten achtsames Gehen können Ihre Konzentration und Produktivität verbessern.
Weg zur Arbeit oder Schule: Wenn möglich, integrieren Sie Gehmeditation in Ihren täglichen Weg zur Arbeit oder zur Schule. Achten Sie auf jeden Schritt und genießen Sie die Umgebung.
Vor dem Schlafengehen: Beenden Sie Ihren Tag mit einer kurzen Gehmeditation, um den Stress abzubauen und sich auf eine erholsame Nacht vorzubereiten.
Fazit
Gehmeditation ist eine wertvolle Praxis, die Meditation und Bewegung harmonisch verbindet. Sie bietet eine ideale Alternative zur klassischen Sitzmeditation und kann leicht in den Alltag integriert werden. Durch achtsames Gehen fördern wir die Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Moment, reduzieren Stress und verbessern unser körperliches Wohlbefinden. Ob im Park, im Garten oder im Wald – die Verbindung zur Natur und die bewusste Wahrnehmung unseres Körpers führen zu mehr Zufriedenheit und innerer Ruhe. Gehen Sie neue Wege und entdecken Sie die heilende Kraft der Gehmeditation.
Weiterführende Artikel für mehr Achtsamkeit im Alltag
Selbstmanagement: Mit welchen Methoden Sie sich besser kennenlernen.
Achtsamkeitsübungen: Praktische Übungen und Anleitungen, um Achtsamkeit im Alltag zu fördern und Stress zu reduzieren.
Tagesrückschau: Techniken und Tipps, um den Tag achtsam zu reflektieren und zu verarbeiten.
Nein sagen: Strategien, um gesunde Grenzen zu setzen und Stress durch Überlastung zu vermeiden.
Not-to-do-Listen: Wie das bewusste Vermeiden bestimmter Aktivitäten zu mehr Achtsamkeit und Effizienz im Alltag führt.
Merkstrategien: Methoden, um sich durch gezielte Achtsamkeit und bewusste Techniken Informationen besser einzuprägen.