Warum Vergebung so wichtig so ist 

Die Hände eines Mannes sind in einer offenen, betenden Haltung mit den Handinnenflächen nach oben gerichtet. Er bittet so um Vergebung.

Ihr Partner hat sich über Sie lustig gemacht – Anwesenheit anderer. Die Chefin hat Ihnen zugesagt, dass Ihre Abteilung von den Stellenkürzungen verschont bleiben würde – und einen Tag später wurden von Ihren Mitarbeitern gekündigt. Von der Geburtstagsparty Ihrer Freunde letzte Woche haben Sie zufällig erfahren – sie selbst waren nicht eingeladen. 

Es gibt so viele – kleine und große Anlässe- gekränkt zu sein. Doch wenn Sie in Ihrer Kränkung verharren, macht Sie das buchstäblich krank. US-Wissenschaftler haben herausgefunden: Verzeihen zu können, verhilft zu einer ruhigeren Nacht, kann blutdrucksenkend wirken und sogar Rücken- oder Kopfschmerzen lindern. Es lohnt sich für Ihre physische und mentale Gesundheit also, für das Glück von heute den Groll von gestern fallen zu lassen und zu verzeihen. 

1. Revidieren Sie Ihre Vorstellung von Vergebung

Vergebung bedeutet nicht, dass Sie klein beigeben. Oder dass Sie gutheißen, wie sich der andere verhalten hat. Vergebung heißt auch nicht in jedem Fall, dass Ihr Verhältnis zu der anderen Person bald wieder genauso wird wie vorher. Der dumme Spruch Ihres Partners wird Ihre nicht auf Dauer belasten, aber eine Zeit lang schon. Den Worten Ihrer Chefin werden Sie künftig nicht mehr vorbehaltlos vertrauen. 

Tipp: Vergebung ist in erster Linie für Sie selbst da! Es geht darum, Ballast aus der Vergangenheit abzuwerfen. Wut, Enttäuschung und all die anderen negativen Emotionen sollen Sie nicht länger überfluten. Sie sollen wieder inneren Frieden finden. 

2. Sehen Sie die Fakten

Was genau ist passiert? Was sind Fakten, was sind Gefühle? Stellen Sie sich zu jedem Geschehnis 2 Skalen von 1 bis 10 vor: Die eine misst den faktischen, die andere den emotionalen Verletzungsgrad. Wenn sich Ihr Bekannter Ihre teure Videokamera ausleiht und mit einem bösen Kratzer am Gehäuse zurückgibt, sind das faktisch 2 Punkte (denn das Teil funktioniert noch einwandfrei). Wenn er aber abstreitet, dafür verantwortlich zu sein, verletzt er Ihr Vertrauen: emotional 8 Punkte! Oft ist der emotionale Schaden weitaus größer als der faktische. 

Tipp: Machen Sie sich klar: Sie können selbst gestalten, wie hoch der Schaden auf der emotionalen Seite ist! 

3. Seien Sie gut zu sich

Sprechen Sie zu sich selbst:  „Genug gelitten! Heute will ich etwas tun, damit ich mich besser fühle.“ Damit sorgen Sie für mehr Achtsamkeit im Alltag. Gehen Sie eine Runde Rad fahren, spazieren, joggen. Fangen Sie mit Ihrem Gesicht auf dem Balkon ein paar Sonnenstrahlen ein und schalten sie ab. Peppen Sie Ihr Abendessen mit Ihren Lieblingsoliven auf, aber verzichten Sie darauf eine Tafel Schokolade zu verschlingen. Gönnen Sie sich den Genuss frischer Bettwäsche. Oder extra luxuriöse Nachtcreme. 

Tipp: Wenn Sie Ihrem Körper etwas Gutes tun, profitiert automatisch auch Ihre Psyche. Regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf fördern nicht nur Ihre körperliche Gesundheit, sondern tragen auch wesentlich zu Ihrem mentalen Wohlbefinden bei. Diese positiven Effekte auf Körper und Geist können durch gezielte Stressmanagement-Methoden wie Achtsamkeitsübungen, Atemtechniken und Zeitmanagement noch verstärkt werden, sodass Sie besser mit den Anforderungen des Alltags umgehen können. 

Die Rolle der Selbstvergebung

Manchmal sind wir unsere härtesten Kritiker und machen uns selbst für Fehler oder Missgeschicke verantwortlich. Selbstvergebung ist ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses. Wenn Sie lernen, sich selbst zu vergeben, können Sie die Kette der Selbstkritik durchbrechen und beginnen, sich selbst mit Mitgefühl und Verständnis zu behandeln. Dies kann den Weg für persönliches Wachstum und emotionale Heilung ebnen.

4. Bauen Sie sich selbst auf

Kränkungen knabbern am Selbstbewusstsein. Führen Sie sich alle Menschen vor Augen, denen Sie wichtig sind. Am besten sprechen Sie tatsächlich mit einem von ihnen. Dabei muss es gar nicht um Ihre Verletzung gehen. Verschaffen Sie sich ein Sofort-Erfolgserlebnis. Das muss nichts Spektakuläres sein: Laden Sie eine Quiz-App auf Ihr Smartphone. Lernen Sie, Jeans zu flicken, was Sie seit Jahren Ihrer Partnerin überlassen. 

Tipp: Verzeihen Sie nicht aus Schwäche, sondern auch einer Position der Stärke. 

5. Suchen Sie das Gespräch

Aber nicht mit Hinz und Kunz („meine Chefin, dieses gemeine Biest…“), denn die Zustimmung anderer gibt Ihrem Groll nur zusätzliche Nahrung. Der Power-Rat: Reden Sie nicht über, sondern mit dem, der sie verletzt hat. Gehen Sie mit dem festen Vorsatz ins Gespräch, die Sichtweise des anderen kennenzulernen. Vielleicht erfahren Sie dabei: Ihre Chefin durfte Sie wegen einer Vertragsklausel nicht vorab informieren – das gibt es tatsächlich. 

Tipp: Am ehesten gelingt solch ein Gespräch, wenn Sie sich nicht moralisch über den anderen erheben. Sagen Sie vorher zu sich selbst: „Ich bin auch kein Heiliger.“ Diese Vorgehensweise fördert nicht nur ein besseres Verständnis und harmonischere Arbeitsbeziehungen, sondern stärkt auch Ihre Resilienz am Arbeitsplatz. Resilienz, die Fähigkeit, mit Stress und Rückschlägen konstruktiv umzugehen, wird durch offene und ehrliche Kommunikation erheblich gefördert. Indem Sie Konflikte direkt und mit einer offenen Haltung ansprechen, können Sie negative Emotionen schneller verarbeiten und zu einer Lösung beitragen. 

6. Verzichten Sie auf Ihre Machtposition

Solange Sie verletzt sind, fühlen Sie sich als Opfer – zugleich aber auch mächtiger als der „Täter.“ Denn Sie als Opfer bestimmen allein, wann Sie bereit sind zu verzeihen. Entsprechend können Sie den Täter zappeln lassen. Machen Sie Vergebung nicht davon abhängig, dass sich ihr Gegenüber aufrichtig entschuldigt oder Ihnen im Nachhinein recht gibt („Meine Entscheidung war falsch.“) Akzeptieren Sie es, wenn Sie beide das Vorgefallene auch weiterhin unterschiedlich sehen und bewerten. Sonst verurteilen Sie sowohl den anderen als auch sich selbst zu „lebenslänglich.“ 

Tipp: Wer Christ ist, fühlt sich häufig durch die entsprechende Vaterunser-Bitte dazu verpflichtet zu vergeben. Doch aus Zwang kann niemand aufrichtig liebevoll handeln. Schalten Sie daher um: von „Ich muss vergeben“ auf „Ich darf vergeben.“ 

7. Schuld und Vergebung

 Akzeptieren Sie, dass auch der andere sich schuldig fühlen kann, selbst wenn er es nicht zeigt oder zugibt. Das Eingestehen von Schuld und das Empfangen von Vergebung können heilsam für beide Seiten sein. Es ist wichtig zu erkennen, dass Schuld ein natürlicher Teil menschlicher Beziehungen ist und dass Vergebung dazu beiträgt, diese Last zu mindern. 

Vergebung als langfristige Praxis

Vergebung ist nicht immer ein einmaliger Akt, sondern kann eine fortlaufende Praxis sein. Es erfordert oft regelmäßige Reflexion und Anstrengung, um Groll und negative Gefühle loszulassen. Entwickeln Sie Gewohnheiten, die Ihnen helfen, Vergebung in Ihr tägliches Leben zu integrieren, wie etwa das Führen eines Reflexionsjournals oder das Praktizieren von Achtsamkeitstechniken.

8. Bringen Sie Vergebung auch zum Ausdruck

Papst Franziskus bat auf seiner Lateinamerikareise um Vergebung für das Unrecht, das katholische Missionare gegenüber der Urbevölkerung begangen haben. Vergebung ist ein großes Wort, das außerhalb des Kirchenraums kaum zu hören ist und daher auf viele Menschen eher befremdlich wirkt. Um Vergebung zu signalisieren, brauchen Sie nicht unbedingt große Worte. Es genügt: „Ich bin so froh, dass wir darüber noch einmal in Ruhe geredet haben.“ Oder Sie lassen – bei vertrauten Menschen – Ihren Körper sprechen: Klopfen Sie dem anderen auf die Schulter, nehmen Sie ihn in den Arm. Unterschätzen Sie auch nicht die Kraft kleiner Gesten des guten Willens, etwa wenn Sie Ihrer Kollegin einen Kaffee mitbringen. Und haben Sie einen Blick dafür, welche nonverbalen positiven Botschaften der Mensch, dem Sie vergeben haben, seinerseits an Sie zurücksendet. 

Tipp: Damit heute ein guter Tag für Sie wird 

 Die einen brauchen morgens einen starken Kaffee, die anderen eine ausgiebige Dusche. Doch den Grundstein für einen guten Tag legen Sie bereits, wenn Sie noch im Bett sind. Deaktivieren Sie die Schlummerfunktion Ihres Weckers. Denn wer noch einmal wegdöst, bleibt auch nach dem Aufstehen dösig. Verändern Sie nach dem Weckerklingeln als Erstes Ihre Schlafposition, rekeln und strecken Sie sich ausgiebig. Setzen Sie auf angenehme Sinnesreize. Ersetzen Sie die Radionachrichten durch Ihren derzeitigen Lieblingssong (Handy-Playlist)! Trinken Sie ein paar Schlucke Ingwertee (Thermosbecher abends ans Bett stellen). Statten Sie Ihr Schlafzimmer mit unterschiedlichen Leuchtkörpern aus: Am Abend brauchen Sie warmweißes Licht (Nachttisch), morgens bläuliches als Muntermacher (Deckenlampe). Falls Sie ohnehin zu der Zeit aufstehen, zu der es morgens hell wird, verzichten Sie abends darauf, den Rollladen runterzulassen. 

Dem gehört das Morgen nicht, der nicht das Heute glücklich schon zurückgelegt.

Sophokles, um 497-405 v. Chr., griechischer Dichter, Politiker und Flottenbefehlshaber

Die Verbindung zwischen Vergebung und mentaler Gesundheit

Vergebung ist eng mit der mentalen Gesundheit verbunden. Studien zeigen, dass Menschen, die regelmäßig vergeben, ein geringeres Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen haben. Erforschen Sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die psychologischen Vorteile der Vergebung und wie sie zur Förderung einer positiven mentalen Gesundheit beitragen kann.

Fazit: Versöhnung und Verzeihen – Ein Weg zur inneren Freiheit

Versöhnung und Verzeihen sind keine Zeichen von Schwäche oder Akzeptanz des Fehlverhaltens anderer, und sie bedeuten nicht automatisch, dass Beziehungen wie zuvor werden. Verzeihen dient hauptsächlich Ihrem eigenen Wohl, indem es hilft, Wut und Enttäuschung loszulassen und inneren Frieden zu finden. 

Vergebung bedeutet, emotionalen Ballast abzuwerfen und sich von negativen Emotionen zu befreien. Trennen Sie Fakten von Gefühlen und erkennen Sie, dass emotionaler Schaden oft größer ist als der tatsächliche. Pflegen Sie sich selbst, um Ihre Psyche zu stärken, und schaffen Sie sich kleine Erfolgserlebnisse. Suchen Sie das direkte Gespräch mit der Person, die Sie verletzt hat, um deren Perspektive zu verstehen. Geben Sie die Machtposition als Opfer auf und akzeptieren Sie unterschiedliche Sichtweisen. Vergebung muss nicht groß angekündigt werden – kleine Gesten und positive nonverbale Botschaften reichen oft aus. 

FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Thema Vergebung 

Vergeben Sie unabhängig davon, ob der andere sich entschuldigt oder nicht. Akzeptieren Sie, dass Sie beide das Vorgefallene unterschiedlich sehen und bewerten können. Vergebung sollte nicht von äußeren Bedingungen abhängen.
Sie müssen nicht unbedingt große Worte verwenden. Kleine Gesten des guten Willens, wie ein freundliches Gespräch oder eine Umarmung, können ebenso viel bewirken. Achten Sie auch auf die positiven nonverbalen Signale des anderen.
Legen Sie den Grundstein für einen guten Tag bereits im Bett. Verzichten Sie auf die Schlummerfunktion des Weckers, strecken Sie sich nach dem Aufwachen ausgiebig und setzen Sie auf angenehme Sinnesreize wie Ihren Lieblingssong oder Ingwertee. Diese kleinen Rituale helfen Ihnen, den Tag mit einer positiven Einstellung zu beginnen.
Erinnern Sie sich an Menschen, die Ihnen wichtig sind und sprechen Sie mit ihnen. Schaffen Sie sich kleine Erfolgserlebnisse, um Ihr Selbstbewusstsein wieder aufzubauen.
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