Spaß, Freude, Vergnügen – das sind lebenswichtige Nährstoffe für Ihre Seele. Aber anders als bei der Beschaffung der körperlichen Nahrung oder des dafür nötigen Geldes geht es in Sachen seelischer Nahrung paradox zu: Wenn Sie sich zu sehr darauf konzentrieren, Freude zu „machen“, ist sie weg. Ein gutes Beispiel sind Hochzeiten. Eigentlich ein Fest, auf das Mann, Frau und viele andere sich riesig freuen sollten. Aber im Lauf der Zeit ist es in vielen Familien zu einem überorganisierten Prestige-Event geworden, auf das die Beteiligten mit zunehmender Nervosität und Versagensangst zugehen. In manchen Kulturen ist es sogar schon so weit, dass die pompöse Ausgestaltung für mindestens eine der beteiligten Familien existenzbedrohend ist – ein als „Freudentag“ verkleidetes Gesellschaftsdrama.
Rüsten Sie Spaß-Großereignisse ab
Bei Kindergeburtstagen lässt sich Ähnliches beobachten. Wird der Kleine 8 Jahre alt, müssen mindestens 8 Kinder eingeladen und umfassend bespaßt werden. Über die Geschenke, die die Eingeladenen mitbringen, werden lange Mütter-Telefonkonferenzen geführt, und die Gastkinder sind wiederum enttäuscht, wenn sie nicht ihrerseits mit Süßigkeiten und Nonsens-Spielzeug nach Hause gehen. Bei den Älteren gibt es einen wachsenden Kult um die runden Geburtstage. Zum 60. sollte es schon eine kleinere Stadthalle sein, mit Live-Musik, prominenten Rednern und gigantischem Buffet.
simplify-Rat: Sprechen Sie mit den Beteiligten über das wunderbare Wort „genug“. Vielleicht haben selbst die lieben Gäste, obwohl ihr eigener Aufwand sich in Grenzen hält, längst genug von solchem Riesen-Remmidemmi. Auch das Geburtstagskind (egal, ob 4, 60 oder 80) träumt möglicherweise insgeheim von einer (oder mehreren) kleinen Zusammenkünften, bei denen es Muße hat, mit jedem Gast einfach nur zu essen, zu trinken und zu plaudern. Nehmen Sie diese Wünsche als Planungsgrundlage, statt sich von anonymen Erwartungen, „wie man so ein Fest feiert“, unter Druck setzen zu lassen.
Stellen Sie öfter die Zu-viel-Frage
Kann man zu viele Socken oder Schuhe haben? Die Generation nach dem Zweiten Weltkrieg hätte wohl mit Nein geantwortet. Denn ging ein Paar kaputt, freute man sich darüber, Ersatz zu haben. Diese Situation hat sich innerhalb von nur einer Generation radikal verändert. Viele Menschen haben mehr Dinge, als sie jemals richtig benutzen können. Die Schränke quellen über, aus der Fülle ist eine Belastung geworden. Aber eine ganz unterschwellige, die vielen Menschen lange nicht bewusst wird. Die Frage nach dem „zu viel“ ist daher der Kern der simplify-Idee – nicht nur im Bereich des Materiellen.
simplify-Rat: Befreien Sie Ihre Lebensfreude aus dem Kerker des „zu viel“, indem Sie die Genug-Frage regelmäßig von beiden Seiten stellen. Nicht nur: Habe ich zu wenig? Sondern auch: Habe ich zu viel? Erst wenn Sie beide Fragen mit Nein beantworten können, haben Sie genug! Beim Geld beispielsweise fragten die meisten Menschen bisher: „Verdiene ich genug?“, um dann zu der Einschätzung zu gelangen: „Es dürfte ruhig etwas mehr sein.“
Aber immer mehr junge Menschen fragen anders: „Verdiene ich in diesem Beruf möglicherweise zu viel, sodass mein Leben nur noch aus Arbeit bestehen wird?“ Fragen Sie sich: Schleppe ich zu viel in meinem Wanderrucksack mit, sodass ich die Natur gar nicht genießen kann? Helfe ich meinen Kindern zu viel, sodass sie nie die Erfahrung machen, es selbst zu können? Will ich zu viel Rendite für mein Geld, sodass ich meine Geldanlagen permanent im Auge behalten muss? Treffe ich am Wochenende zu viele Verabredungen, sodass das vergnügliche Zusammensein und Spaß haben mit Freunden zum Pflichtprogramm wird?
Schaffen Sie genug Raum, um Spaß zu haben
Spaß haben lässt sich nicht erzwingen, wohl aber wirkungsvoll verhindern. Das kennen viele Menschen aus der Schule oder von ihrer Arbeitsstelle, wo ein langweiliger Lehrer oder ein humorloser Vorgesetzter jede aufkommende Lustigkeit im Keim erstickt. Machen Sie’s anders! Schaffen Sie Gelegenheiten und gute Bedingungen für vergnügliche Emotionen anderer, und freuen Sie sich selbst über das, was daraus erwächst.
simplify-Rat: Schmunzeln Sie als Lehrer über den lustigen Einwurf eines Schülers, statt ihn für seine mangelnde Disziplin zu tadeln. Verbannen Sie als Eltern Problemgespräche (schlechte Noten, Unpünktlichkeit etc.) vom Esstisch. Vertrauen Sie am Arbeitsplatz darauf: Auch wenn die Stimmung heiter ist, kann ernsthaft gearbeitet werden. Vor allem aber: Lachen Sie über sich selbst. Beziehen Sie bei witzigen Bemerkungen immer sich selbst mit ein. Nehmen Sie’s mit Humor, wenn Ihnen eine kleine Panne passiert ist. Sie haben Bedenken, sich zum Hanswurst der anderen zu machen? Solange die Sie nicht auslachen, sondern mit Ihnen lachen, ist alles in bester Ordnung!