Einparken mit dem Auto ist eine Sache für sich. Glücklicherweise gehöre ich zu den Menschen, die seit Ihrer Fahrschulzeit eine große Herausforderung darin sehen, mit allen erdenklichen Autogrößen geschickt einzuparken. So gelingt es mir in der Regel ganz gut. Doch manchmal parke auch ich rücksichtslos ein, zum Beispiel dann, wenn das Nachbarauto bereits auf der Außenlinie der Parkplatzmarkierung steht. Dann setze ich mein Fahrzeug nicht in die Mitte des ausgewiesenen Platzes, sondern ebenfalls an den Rand. Gerade vor zwei Tagen habe ich diesen Weg gewählt, weil ich dringend einen Parkplatz brauchte und nur dieser frei war. Doch mein Parken weckte schmerzliche Erinnerungen … Vor Jahren parkte ich einmal auf diese Art und Weise mit einem relativ neuen Wagen in der benachbarten Kleinstadt. Kritisch beäugte ich den Transporter links von mir, der richtig eingeparkt hatte. Ich ließ zu ihm nur wenig Platz, denn rechts von mir ragte ein Wagen bereits in mein Parkfeld hinein. „Der wird sich bestimmt aufregen, wenn jemand auf der Beifahrerseite einsteigen muss“, sagte ich noch zu meinem Partner. Dann gingen wir ins Kino. Als wir zurückkamen, zierte ein langgezogener Kratzer die komplette Fahrerseite. Jemand hatte sich ausgetobt und meinen Lack beschädigt. Das brachte wiederum mich zum Toben: So etwas Unsinniges! Wenn jemand etwas aus meinem Wagen stiehlt, sehe ich wenigstens einen Sinn darin (für den Dieb jedenfalls). Doch mutwillige Zerstörung, die will mir nicht in den Kopf! Ob es nun der Fahrer des Transporters war, der sich am Kuschelparken störte, weiß ich natürlich nicht. Vielleicht war es auch einfach nur jemand, der einen unbeschädigten Lack nicht leiden mag … Dieses Erlebnis hat mich lange beschäftigt. In 10 Jahren ist ein Kratzer im Lack womöglich gar kein Thema mehr. Denn dann sollen selbstreparierende Autolacke bereits zum Alltag gehören, wie ich gelesen habe. Möglich machen es die beiden Lackbestandteile Chitosan und Oxetan: Wird die Lackschicht des Autos von außen beschädigt oder zerstört, werden beide Stoffe an der Stelle freigesetzt. Der Einfluss von Sonnenlicht sorgt für eine Reaktion der Bestandteile: Größere Moleküle entstehen und versiegeln den Kratzer vollständig. Innerhalb von nur 15 bis 60 Minuten ist die automatische Reparatur abgeschlossen. Erste Vorläufer der Zukunftstechnologie kommen bereits beim Automobilhersteller Nissan zum Einsatz: Über der Lackschicht einiger Modelle befindet sich eine Lage eines speziellen Kunstharzes. Wird der Lack beschädigt, fließt das Kunstharz in die entstandene Lücke und verschließt diese. Während der Lack auf Chitosan/Oxetan-Basis sich innerhalb von Minuten regeneriert, dauert die Selbstreparatur bei der Kunstharzlösung jedoch mehrere Tage. Eine Einschränkung hat die neue Lacktechnologie jedoch: „Die Selbstreparatur funktioniert an jeder Stelle nur einmal. Wer also großes Pech hat und vom gleichen Kratzer zweimal erwischt wird, muss auf eine konventionelle Reparatur zurückgreifen“, erklärt Jürgen Rietschle, Geschäftsführer der Bodo Müller Chemie GmbH, der ich diese Zukunftsinfo verdanke.