Vor Jahren hatte ich einmal die Idee, einen Roman über Entscheidungen im Leben zu schreiben. Mit parallelen Erzählsträngen, je nachdem wie man eine Lebensentscheidung getroffen hat. Denn es gibt Weggabelungen, die sind äußerst wichtig dafür, wie unser künftiges Leben verläuft. Bei mir war das zum Beispiel die Wahl der höheren Schule nach der Grundschulzeit. Und natürlich die Berufswahl. Entgegen aller Vorzeichen und Vorbildung entschied ich mich für eine Laufbahn als Redakteurin. Diese Entscheidung hatte wirklich Konsequenzen!
Vor einiger Zeit hatten wir Besuch von einer jungen Frau, die sich nach der Ausbildung zwischen zwei Jobs entscheiden musste. Sollte sie weiter beim Ausbildungsbetrieb bleiben oder zu einer großen Firma wechseln? Von dort hatte sie ein gutes Angebot bekommen. Sie war sichtlich verzweifelt, weil sie nur wenige Tage Zeit hatte sich zu entscheiden.
Als ich dazu gestoßen war und mir eine Weile ihre Argumente angehört hatte, war mir klar: Sie hatte innerlich schon längst zugemacht für den neuen, reizvollen Arbeitgeber. Also fragte ich sie, welches die Vorzüge ihrer jetzigen Arbeit sind. Sie nannte sie und ich empfahl ihr, noch tiefer hinter diese Begründung zu blicken. Welche Bedürfnisse stecken dahinter? Wie realistisch ist es, dass diese bei ihrem Ausbildungsbetrieb erfüllt werden? Oder sind es gar irgendwelche unbewussten Ängste, die sie zurückhalten? Je besser sie das erforscht, desto klarer wird ihre Entscheidungsgrundlage sein, sagte ich ihr.
Dann empfahl ich ihr die 10M-10M-10J-Methode der amerikanischen Unternehmensberaterin Suzy Welch: Ich ging mit der jungen Frau durch, welche Konsequenzen Ihre Entscheidung jeweils für den einen und den anderen Arbeitgeber haben wird – in 10 Minuten, in 10 Monaten und in 10 Jahren. Besonders die 10-Jahres-Spanne hat gezeigt, welcher Weg sie langfristig ihrem persönlichen Ziel näher bringt.
Zu guter Letzt griff ich noch zum unkonventionellen Münzwurf, den es hier auch als Videotipp gibt. „Lass uns doch einfach eine Münze werfen“, forderte ich sie auf. „Was?“, rief sie ganz entrüstet aus. „Ich kann doch nicht eine Münze entscheiden lassen! Dafür ist das hier viel zu wichtig!“ Ich schlug ihr vor, es dennoch einfach auszuprobieren. Kopf war ihr derzeitiger Arbeitgeber. Zahl die neue Firma. Sie wurde ganz unruhig auf ihrem Stuhl, als ich die Münze zwischen meinen ineinandergelegten Handflächen hin- und herschubste.
Dann warf ich sie theatralisch nach oben und fing sie mit dem Handrücken auf. Sofort legte ich meine andere Hand darüber, so dass die Münze verdeckt war. Für die Ratsuchende war das Ganze kaum auszuhalten. „Und? Was hast du dir gewünscht? Welche Seite der Münze sollte unbedingt oben liegen?“, fragte ich sie. Sie war verwirrt und antwortete: „Kopf!“ „Siehst du! Da hast du deine Entscheidung!“, lächelte ich sie an. „Es ist völlig egal, was oben liegt …! Innerlich hast du dir die Antwort schon längst gegeben.“ Einige Tage später erfuhr ich, dass sie das Angebot der Großfirma abgelehnt hatte. Sie ist bei ihrem Arbeitgeber geblieben.