Heutzutage hoch im Kurs: die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren. Doch nicht immer ist Durchhalten die beste Wahl. Manchmal ist es tatsächlich klüger, sich zum Aufgeben zu motivieren! 5 häufige Gründe, weshalb Aufgeben oft so schwerfällt – und wie Sie es trotzdem schaffen:
Überwinden Sie die Abneigung vor Verlust
Häufiger Grund: Sie haben viel Geld in eine Sache investiert. Etwa in eine alternativmedizinische Behandlung, durch die sich aber seit Monaten nichts gebessert hat. Sie behalten Aktien, deren Kurs sich im Sinkflug befindet. Sie bleiben in Ihrer zentral gelegenen Wohnung, obwohl der Umgebungslärm bei Ihnen bereits zu Schlafstörungen führt. Schuld daran ist die sogenannte Verlustaversion: Der Gedanke, dass Sie das Geld sonst in den Sand gesetzt hätten, beeinflusst maßgeblich Ihre Entscheidung.
simplify-Rat: Betrachten Sie Ihr größeres Ziel – und wie Sie es erreichen können. Im Beispiel der Geldanlage: Es ist ärgerlich, Aktien mit Verlust zu verkaufen. Ihrem größeren Ziel „gewinnbringende Geldanlage“ kommen Sie aber nur näher, wenn Sie nicht abwarten, bis alles verloren ist. Schauen Sie nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft. Eine gute Frage lautet: „Würde ich mich mit meinem heutigen Wissen wieder dafür entscheiden?“ Lautet Ihre Antwort „Nein“, sollten Sie Ihre Entscheidung revidieren.
Erkennen Sie den versteckten Nutzen
Häufiger Grund: Sie haben bereits viel Zeit und Energie in eine Sache gesteckt. Daher schreiben Sie weiter an dem Buch, das kein Verlag haben will. Sie stricken weiter an dem Pullover, der vermutlich viel zu eng ausfallen wird. Sie bieten in Ihrer Gemeinde weiter einen wöchentlichen Meditationsabend an, zu dem immer weniger Teilnehmer erscheinen.
simplify-Rat: Wenn Sie „Alles umsonst!“ denken, lassen Sie sich von Ihrer Verlustaversion lenken. Richten Sie Ihren Blick stattdessen auf den Gewinn, den Sie aus Ihrer Aktivität gezogen haben – auch wenn Sie Ihr Ziel nicht erreicht haben. Vielleicht haben Sie nützliche oder bereichernde Erfahrungen gemacht: Sie haben ein kompliziertes Strickmuster geübt, bei der Recherche für Ihr Buchprojekt interessante Menschen kennengelernt, bei der Vorbereitung der Meditationsabende selbst zur Ruhe gefunden.
Schaffen Sie sich eine Wahlmöglichkeit
Häufiger Grund: Sie sehen keine Alternative. Sie fahren jeden Tag 100 km mit dem Auto zur Arbeit, obwohl Sie die Fahrerei enorm stresst. Sie bieten Ihrem erwachsenen Sohn ein kostenloses Zuhause, obwohl er nach Abbruch seiner Ausbildung nur planlos herumhängt. Sie gehen sonntags in Ihrer geliebten Gemeinde in den Gottesdienst, obwohl Sie den neuen Pfarrer nicht ausstehen können.
simplify-Rat: Notieren Sie sich sämtliche Alternativen, auch wenn Sie sie schon mal verworfen haben. Schildern Sie anderen Menschen Ihr Problem, und nehmen Sie deren Vorschläge mit auf Ihre Liste – auch wenn Sie gegen jeden spontan einen Einwand parat haben. Blödeln Sie miteinander herum. Auch aus absurden Gedankenspielen („Warum kann meine Firma nicht einfach umziehen?“) können brauchbare Ideen entstehen. Vielleicht kommt Ihre Firma zu Ihnen – durch eine von Ihnen geführte Filiale?
Gehen Sie Ihre Liste durch, und ersetzen Sie Ihr fatalistisches „Ich kann nicht“ durch ein offeneres „Ich würde gern, wenn nicht …“. Also statt: „Ich kann nicht mit der Bahn fahren, weil das zu viel Zeit kostet“, lieber: „Ich würde gern mit der Bahn fahren, wenn mich das nicht so viel Zeit kosten würde.“ Damit wird der Weg frei zu konstruktiven Lösungen: leicht veränderte Arbeitszeiten mit besserer Zugverbindung? Erste-Klasse-Fahrkarte, damit Sie die Zeit im Zug besser nutzen können? Eine Mitfahrgelegenheit zum Bahnhof?
Legen Sie eine klare Grenzmarke fest
Häufiger Grund: Sie sind davon überzeugt, dass es „noch zu früh“ zum Aufgeben ist. Sollen Sie nicht doch lieber abwarten, ob sich der Börsenkurs Ihrer Aktien wieder erholt? Wird das Buch vielleicht interessanter, wenn Sie sich durch den schwierigen Anfang gequält haben? Als Lehrerin sollten Sie es doch schaffen, den schwierigen Jungen in die Klasse zu integrieren!
simplify-Rat: Schauen Sie nicht, „wie sich das entwickelt“, sondern definieren Sie klare Kriterien fürs Scheitern. Manchmal helfen Zahlen: Fällt der Kurs der Aktien unter einen bestimmten Wert, verkaufen Sie sie (ohne Emotionen!). Kommt nach den ersten 30 Seiten Lektüre weder Spaß noch Spannung auf, ab in die Kiste für den Bücherflohmarkt! Beschäftigen Sie sich in 2 Monaten immer noch mehr als 5 Minuten pro Stunde mit dem aufsässigen Schüler, ist der Integrationsversuch gescheitert.
Gehen Sie mit erhobenem Haupt
Häufiger Grund: Sie wollen (vor anderen und vor sich selbst) nicht als Versager dastehen. Was werden die Mitarbeiter denken, wenn Sie die mit großem Tamtam beworbene Umorganisation sang- und klanglos fallen lassen? Wie werden die anderen Gassigeher im Park reagieren, wenn Sie den nicht zu bändigenden Hund ins Tierheim zurückbringen? Wie können Sie sich eingestehen, dass Ihr verheißungsvoller neuer Partner ein Fiasko war?
simplify-Rat: Leben heißt Fehler machen. Stellen Sie Ihr Image und Ihre Selbstwahrnehmung um von „Mr./Mrs. Perfect“ auf „Ich bin lernfähig“. Formulieren Sie, was Sie aus dem Desaster für Konsequenzen ziehen und beim Arbeitsprojekt/Tier/Partner anders machen: „Nächstes Mal engagieren wir für solch ein großes Projekt einen externen Berater.“ – „Falls wir uns noch einmal einen Hund anschaffen, gehe ich gleich mit ihm in die Hundeschule.“ – „Sollte ich wieder so schnell mit jemandem zusammenziehen, gebe ich nicht gleich meine eigene Wohnung auf.“ Wenn Sie selbst dazu stehen können, werden Sie das Ganze auch viel selbstsicherer nach außen kommunizieren.
Fazit: Wann Sie aufgeben sollten
Verbinden Sie den Gedanken ans Aufgeben nicht direkt mit etwas Negativem. Manchmal ist es einfach besser, seine Entscheidung zu revidieren, wie beispielsweise beim oben genannten Aktienkauf. Davon haben Sie im Endeffekt mehr, als wenn Sie Ihr Vorhaben kopflos durchziehen!
Handeln Sie aber nicht kopflos, sondern legen Sie eine klare Grenze fest, wann Sie aufgeben wollen.